Unfall im Ausland - wichtige Tipps und Regeln für den (un)Fall der Fälle
Wohnmobilreisen bieten Abenteuer und Freiheit, aber sie können auch unerwartete Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere bei einem Unfall im Ausland. Eine gründliche Vorbereitung, wie das Mitführen eines Europäischen Unfallberichts und das Vertrautmachen mit den Verkehrsregeln des Reiselandes, kann dabei helfen, im Ernstfall besser gewappnet zu sein. Doch trotz aller Vorkehrungen bleibt Ruhe bewahren das oberste Gebot, um die Situation sicher zu bewältigen und die notwendigen Schritte einzuleiten.
Jede Wohnmobilreise ist spannend und (nur bedingt) planbar. Wir alle sollten unbesorgt und ohne Ängste losfahren, denn wer Angst hat, bleibt besser daheim. Fährt die Angst mit, kommt keine wirkliche Freude, keine Freude an der Freiheit des Wohnmobillebens, keine Freude an fremden Menschen, Landschaften, Orten, Ländern und Sitten auf. Das war bislang mein Motto und bleibt hoffentlich auch weiterhin so.
Allerdings dachte ich auch viele Jahre lang, mir würde schon kein Unfall passieren, schließlich fahre ich besonnen und mittlerweile 51 Jahre unfallfrei – und das jährlich viele, viele tausend Kilometer. Doch so wirklich schützt das nicht, erst recht nicht, wenn andere einen (Fahr)Fehler machen. Und so fuhr dann auch am 14. Oktober diesen Jahres ein Motorradfahrer frontal auf mein Wohnmobil auf.
Da ich mir zuvor nie wirkliche Gedanken diesbezüglich gemacht hatte, habe ich auch einiges falsch gemacht. Damit du besser „vorbereitet“ bist, gebe ich dir heute ein paar Informationen und Tipps bezüglich eines möglichen Unfalls im Ausland. Aber ich hoffe natürlich, dass du sie nie wirklich benötigst…
Vorkehrungen
Eine wirklich „richtige“ Vorbereitung kannst du natürlich nicht treffen, denn jede Unfallsituation ist anders. Alles vereinheitlichen kann man auch nicht, da im Ausland vieles ganz anders gehandhabt wird als hierzulande. Dennoch ist es möglich, bereits vor Reiseantritt einige wichtige Vorkehrungen zu treffen:
- Mache dich mit den Verkehrsregeln des entsprechenden Landes vertraut.
- Da die Handhabung bei einem Unfall sowie vor allem die Regulierung des Schadens in verschiedenen Ländern (Selbst innerhalb der EU!) unterschiedlich sind, solltest du dich diesbezüglich schon daheim über dein Reiseland informieren. So hält beispielsweise der ADAC auf der Seite adac.de/rund-ums-fahrzeug/unfall-schaden-panne/unfall/ausland/#wichtigste-laender-auf-einen-blick einiges an Informationen bereit.
- Nimm einen Europäischen Unfallbericht mit. Diesen findest du zum Downloaden unter zentralruf.de/fileadmin/media/pdf/Zentralruf-Europaeischer-Unfallbericht.pdf in deutscher Sprache oder unter www.allianz.de/content/dam/onemarketing/azde/azd/pdfs/auto/europaeischer-unfallbericht/europaeischer-unfallbericht.pdf auf Deutsch und Englisch.
- Schließe eine (Verkehrs-)Rechtschutzversicherung ab, wobei du dich gut beraten lassen und dir die Bedingungen sorgfältig durchlesen solltest.
- Überprüfe noch einmal, ob Warndreieck, Warnwesten in ausreichender Anzahl und ein Verbandkasten, der der aktuellen DIN-Ausgabe entspricht und dessen Inhalt das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht überschritten hat, vorhanden sind.
Und wenn es dann doch passiert…
Oberstes Gebot: Ruhe bewahren! Ich weiß, das ist einfacher gesagt als getan. In meinem oben erwähnten Fall klappte es erstaunlich gut, obwohl ich die ersten Minuten wie paralysiert war. Befolge nachstehende Schritte, die sowohl bei einem Unfall im Ausland als auch in Deutschland gelten:
- Bei Verletzten (oder noch schlimmer) unbedingt sofort den internationalen Notruf über die 112 setzen. Das ist von jedem Festnetz- und Mobiltelefon innerhalb der EU kostenlos möglich. Mit dieser Nummer gelangst du an eine Leitstelle, die den entsprechenden Rettungsdienst (Krankenwagen oder Feuerwehr) sowie die Polizei informiert.
- Solltest du dich wegen der Sprachprobleme außerstande fühlen, denn fremdländische Kommunikation am Telefon ist nicht immer für jeden einfach, bitte jemanden, der am Unfallort ist, dies für dich zu tun.
- Wenn nötig, leiste Erste Hilfe.
- Stelle nun (am besten noch parallel zu Schritt 1) die Warnblickanlage an und sichere den Unfallort ab.
Weitere Schritte sind:
- Notiere dir Name und Anschrift des Unfallgegners sowie – falls abweichend – die Daten des KFZ-Halters. Am besten lässt du dir die Ausweispapiere zeigen, damit du keine falschen Daten erhältst. Das gilt übrigens auch für potentielle Zeugen.
Problem: Ist der Gegner nicht ansprechbar, musst du das der Polizei überlassen beziehungsweise das Kennzeichen notieren und den Halter auf diesem Wege ausfindig machen.
- Notiere dir das amtlichen Kennzeichen sowie das Nationalitätenkennzeichen (auch das eventueller Zeugen).
- Notiere dir die Versicherungsnummer des Unfallverursachers.
Ist auch das nicht möglich, kannst du sie später kostenlos über den Zentralruf der Autoversicherer erfragen. Dazu wählst du aus dem Ausland die 0049 40 300 330 300, innerhalb Deutschlands die 0800 250 260 0. Möglich ist ebenfalls, sie über ein Online-Anfrageformular unter zentralruf.de zu erhalten.
- Notiere dir den genauen Ort (möglichst sogar die GPS-Daten) und den Zeitpunkt des Unfalls. Wichtig könnten auch die Wetterverhältnisse sein.
- Mache Fotos oder ein Video vom Unfallort sowie von den entstandenen Schäden.
- Fertige eine Skizze vom Unfallort an, wobei möglichst viele Details wie Schilder, Bäume, Leitplanken etc. bedacht werden sollten.
- Hast du oder hat jemand anderes es nicht bereits getan, rufe die Polizei. Bei Personenschaden ist das ein Muss, ansonsten rate ich aber auch bei kleineren Unfällen im Ausland dazu.
- Notiere dir die Dienststelle sowie die Namen der anwesenden Polizisten und lass dir eine Kopie des Polizeiberichts geben.
- In meinem Fall tauchte ein weiteres Problem auf: Die Gendarmerie verweigert bislang die Herausgabe. Begründung: „…je n'ai pas le droit de vous remettre une copie de la procédure. Il n'y a que l'assurance qui peut en faire la demande.“ (Übersetzt: …ich habe nicht das Recht, Ihnen eine Kopie des Verfahrens zu geben. Nur die Versicherung kann den Antrag stellen.) Grund: Es liegt ein „schwebendes Verfahren“ vor, weil der Unfallgegner (der Verursacher) nicht vernehmungsfähig ist.
Letztendlich solltest du außerdem so zeitnah wie möglich…
- …deine Versicherung (und die des Gegners?) informieren, möglichst innerhalb einer Woche
- …bei Verletzungen – egal wie geringfügig sie sind – vor Ort zu einem Arzt gehen und dir die Verletzung(en) schriftlich bestätigen lassen. Mache ein Foto von deinen Verletzungen (oder von denen der Mitfahrenden).
Problem: Nicht immer erkennen ausländische Versicherungen deutsche Atteste an, daher nicht warten, bis du daheim bist!
- Ist dein Fahrzeug nicht mehr fahrtauglich, musst du einen (seriösen!) Abschleppdienst beauftragen.
Sei vorsichtig bei privaten Hilfsangeboten bezüglich des Abschleppens in eine dir unbekannte Werkstatt! Bist du mit dem entsprechenden Vertrag (ADAC Plus- und Premium-Mitgliedschaft) Mitglied im ADAC, rufe diesen umgehend an (00 49 89 22 22 22). Er bestellt dann einen Abschleppdienst, der mit ihnen zusammenarbeitet. Sie übernehmen laut telefonischer Aussage keinerlei Kosten, wenn du einen anderen Abschleppdienst beauftragst.Falls bis dahin alles einigermaßen glatt über die Bühne gegangen ist, ist erfahrungsgemäß noch lange nicht Schluss. Du musst…
- …, wenn dein Fahrzeug nicht mehr fahrtauglich ist, es entweder vor Ort reparieren oder nach Deutschland überführen lassen.
- …dir eine Unterkunft suchen, schließlich ist ja dein rollendes Heim nicht mehr vorhanden.
- …, wenn dein Wohnmobil abgeschleppt wurde/wird, von der Unfallstelle zu deiner schnell organisierten Übernachtungsadresse gelangen.
- …dir einen Mietwagen – schlimmstenfalls für die Heimreise – organisieren.
Die Zeit danach
Und daheim geht dann erst alles richtig los! Papierkram, Telefonate, Anträge, Kosten und vor allem Warten, Warten, Warten…
In meinem Fall sah/sieht es – kurz berichtet – so aus:
- Mein Wohnmobil war nicht mehr fahrtauglich, also wurde es mit dem Abschleppdienst, den der ADAC bestellt hatte, in die Werkstatt gefahren. Trotz der Tatsache, dass der Aufbau nur minimal beschädigt war, durften wir nicht darin übernachten.
- Mittlerweile hatten uns unsere Töchter eine Bleibe über booking.com in ca. 15 km Entfernung organisiert. Auch das war nicht so einfach, denn wir brauchten etwas, wo auch ein großer Hund erlaubt war. Zu essen und trinken hatten wir nichts, es gab keine Läden in der Nähe und die Restaurants hatten montags geschlossen. Die nette Dame, die uns den Schlüssel überreichte, versorgte uns mit Dingen aus ihrem Kühlschrank.
- Wir mussten ein Taxi rufen. Drama: Nach vier missglückten Anrufen – Keiner nahm einen Hund mit! – war der fünfte Angerufene extrem hilfsbereit. Prinzipiell nimmt auch er keine Hunde mit, da er aber selber Hundebesitzer und Wohnmobilfahrer ist, machte er für uns eine Ausnahme.
- Auch die Suche nach einem passenden Mietwagen gestaltete sich nicht so einfach: Es musste ein Fahrzeug sein, das groß genug ist, wenigstens das Nötigste aus dem Wohnmobil mitzunehmen, und das ich in Deutschland zurücklassen kann. Wieder etliche vergebliche Telefonate. Schließlich klappte es im 100 km entfernten Angoulême.
- Wie hinkommen? Öffentliche Verkehrsmittel gibt es keine. Also wieder den Taxifahrer vom Vortag angerufen. Letztendlich bekam ich einen tollen Hybrid SUV mit Automatik. In meinen 51 Jahren Fahrpraxis hatte ich bis dahin weder Hybrid noch Automatik gefahren. Und dann auch noch ohne Einweisung vom Parkplatz und durch die Großstadt durch. Aber alles klappte!
Doch nun etwas „neutraler“, ich will dir ja schließlich weder Angst machen noch das Wohnmobilfahren verderben. Daher behalte Folgendes für die Zeit nach dem Urlaub im Auge:
- Melde den Unfall so schnell wie möglich deiner Versicherung (s.u.). Falls du ADAC plus-Mitglied bist (oder Mitglied bei einem anderen Automobilclub) beziehungsweise einen speziellen Auslandsschutzbrief hast, solltest du auch dort, wenn nicht schon geschehen, Meldung machen.
- Im schlimmsten Fall müssen nun Dinge wie Krankenhausaufenthalte oder Arztbesuche, Heimreise, Wohnmobil-Reparatur beziehungsweise -Rücktransport etc. geregelt werden.
- Bei Rücktransport musst du zudem noch klarstellen, wo du ein eventuell „schrottreifes“ beziehungsweise ein nicht mehr fahrbereites Wohnmobil abstellen kannst und darfst. Die Straße vor deiner Haustür ist dabei ein denkbar ungünstiger und auch nicht erlaubter Platz. Kläre das am besten mit der Werkstatt deines Vertrauens und informiere den ADAC oder wer auch immer die Überführung übernimmt.
- Als nächstes solltest du deinen unverschuldeten Unfallschaden bei der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers geltend machen. Da die Abwicklung bekanntlicherweise lange dauert, besteht auch die Möglichkeit, das Ganze über deine Haftpflichtversicherung geltend zu machen (s.o.), die dann in Vorkasse tritt, dich jedoch wahrscheinlich zunächst erst einmal hochstuft. Sie versucht dann aber natürlich, sich das Geld von der gegnerischen Versicherung zu holen.
Übrigens hat die EU eine Kraftfahrthaftpflicht-Richtlinie erlassen, nachdem die Schadensabwicklung möglichst unkompliziert vonstattengehen sollte. Das bedeutet, dass alle EU-Staaten einen Regulierungsbevollmächtigten benennen müssen, mit dem in deutscher Sprache korrespondiert werden kann und über den du deine Ansprüche geltend machen kannst. Doch die Realität sieht oft komplizierter aus, da das Gesetz des Landes, in dem du deinen Unfall hattest, gilt. Und was bedeutet da schon „möglichst unkompliziert“?
- Bei einem Unfall gilt, wie bereits erwähnt, stets das Recht der Nation, wo der Unfall geschah. Das kann leider bedeuten, dass sowohl die Deckungssumme als auch andere Kosten anders – in der Praxis niedriger – ausfallen können als hierzulande. Zudem werden daher oft auch nicht die Gebühren für einen Anwalt und/oder einen Kfz-Sachverständigen anerkannt und übernommen.
- Du musst über das Zentralregister der Autoversicherer einen hierzulande zuständigen Schadensregulierer ausfindig machen – also eine Art deutsche Filiale der Versicherung des Unfallgegners –, damit mit der gegnerischen Versicherung verhandelt und abgewickelt werden kann. (Alternative ist die oben erwähnte Meldung bei deiner Versicherung.)
- Auf der wesentlich sichereren Seite bist du, wenn du rechtzeitig zur Kfz-Haftpflichtversicherung eine Ausland-Schadenschutz-Versicherung abschließt. Das bedeutet, dass deine Versicherung Personen- und Sachschäden so behandelt, als hätte sich der Unfall in Deutschland ereignet. Statt der Versicherung des Unfallgegners reguliert dann deine Versicherungsgesellschaft den Schaden.
- Hast du eine (Verkehrs-)Rechtschutzversicherung abgeschlossen, deckt diese zumindest die Anwaltskosten.
Und da – ähnlich wie bei Gasflaschen und vielem anderen mehr – EU nicht immer gleich EU ist, variieren die Unfallschadensabwicklungen und Erstattungen von EU-Land zu EU-Land.
Wie bereits zuvor erwähnt, findest du hierzu auf der Seite des ADAC unter www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/unfall-schaden-panne/unfall/ausland/#wichtigste-laender-auf-einen-blick eine Übersicht zu den häufigsten Urlaubsländern.Fazit: Ich kann dir versprechen, egal ob schuldig oder nicht schuldig, erfahrungsgemäß kommt einiges an Kosten (die dir wahrscheinlich niemand erstattet), Nerven, Zeitaufwand und Unannehmlichkeiten auf dich zu. Das trifft übrigens auch dann zu, wenn du die Sprache des Landes recht gut oder sogar perfekt beherrschst!
Weitere wichtige Infos
Brauche ich eine „Grüne Versicherungskarte“?
Generell rate ich, diese „Grüne Versicherungskarte“ bei jeder Fahrt – vor allem im Ausland – mit dir zu führen. Offiziell benötigst du jedoch in den EU-Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz, in Norwegen, Serbien, Liechtenstein, Montenegro und Island keine mehr. Andere Länder jedoch sehen das Mitführen sogar als Pflicht an. Dazu zählen beispielsweise Italien, Albanien, Polen, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien oder auch die Türkei. Ist das nicht der Fall, können hohe Bußgelder verhängt werden.
Deine persönliche „Grüne Versicherungskarte“ bekommst du kostenlos bei deiner KFZ-Versicherung. Sie beinhaltet wichtige Daten zu deinem Fahrzeug und deiner Versicherung und dient als Beleg dafür, dass du haftpflichtversichert bist.
Was bedeutet „Mallorca-Police“?
Warum die Mallorca-Police Mallorca-Police heißt, kann ich nicht sagen, ich weiß jedoch, dass sie nicht unbedingt etwas mit der gleichnamigen Insel zu tun hat. Was aber ist die „Mallorca-Police“?
Die Mallorca-Police – auch „Mallorca-Deckung“ genannt – ist eine Zusatzschutzversicherung für gemietete Autos. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel „Unfall mit einem gemieteten Wohnmobil – Versicherung“.
Welche Kosten kann ich wo geltend machen?
Zunächst die gute Nachricht: Generell kannst du bei einem Unfall in einem der EU-Länder sowie in der Schweiz, in Norwegen, Liechtenstein, Großbritannien und Island deine Ansprüche hier in Deutschland geltend machen. Ein kostenloser Anruf bei der Zentrale der Deutschen Autoversicherer unter der 0800 2502600 verrät dir die Zuständigkeit des entsprechenden Regulierungsbeauftragten. Außerhalb der EU gilt für die meisten Länder, dass du dich direkt mit der ausländischen Versicherung auseinandersetzen musst.
Nun die schlechte Nachricht: Wie bereits erwähnt, gilt die Schadensrechtsgesetzeslage des Unfalllandes, was bedeuten kann, dass nicht alle Kosten übernommen werden.
Das heißt jedoch auch, dass die Kosten, die anerkannt werden, variieren. So werden beispielsweise Ausgaben für einen Sachverständigen, einen Anwalt, ein Mietfahrzeug oder auch für Nutzungsausfallangelegenheiten häufig überhaupt nicht anerkannt. Das würde dann auch für das Hinzuziehen eines Anwaltes (eventuell jedoch mit geringen Erfolgsaussichten) sprechen.
Was Schmerzensgeld anbelangt, musst du unverzüglich nach dem Unfall deine Verletzungen sowohl von der Polizei als auch von einem Arzt oder Krankenhaus vor Ort bescheinigen lassen. Das ist deshalb so wichtig, weil deutsche Atteste von den meisten ausländischen Versicherungen nicht anerkannt werden.
Anwalt oder nicht?
Zunächst einmal hängt die Antwort davon ab, ob du einen Verkehrsrechtschutz abgeschlossen hast oder nicht. Bei einem klaren Ja wäre die Sache vereinfacht, denn dann entstünden dir keine beziehungsweise wenige Kosten. Solltest du keine derartige Versicherung besitzen, so kann es sein, dass auf dich hohe Anwaltskosten zukämen. Ein Erstgespräch, das bis maximal 190 Euro kosten dürfte, solltest du dir bei größeren Unklarheiten jedoch leisten. Auch der ADAC bietet seinen Plus-Mitgliedern eine erste kostenlose Rechtsberatung an. Was ich persönlich in meinem Fall davon halte, möchte ich hier lieber nicht nennen. Viele haben ihre eigenen Erfahrungen machen müssen/können; und deren Beurteilungen fallen sehr konträr aus.
Sind die Kosten für dich kein Problem, so rate ich gerade bei Unfällen im Ausland – vor allem natürlich wenn es sich um Personenschäden handelt – immer zu einem Anwalt. Denn gerade Unfälle mit Personenschäden werden in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich beurteilt. Bei wirklich kleinen Blechschäden denke ich, kann man auch ohne Rechtsbeistand auskommen.Warum aber überhaupt ein Anwalt sinnvoll wäre, wenn die Schuldfrage doch geklärt ist?
Das liegt auf der Hand:
- Versicherungen, egal ob hierzulande oder im Ausland, verfolgen natürlich in erster Linie ihre eigenen Interessen und wollen so wenig wie möglich zahlen. (Ich entschuldige mich hiermit schon mal bei allen Lesern, die in dieser Branche tätig sind, aber es ist eben auch verständlich!). Das könnte (nicht muss!) bedeuten, dass du auf einigen der Kosten, die du geltend gemacht hast, sitzen bleibst. Vielleicht kann dir der Anwalt da weiterhelfen?
- Speziell die Abwicklung bezüglich Unfällen im Ausland übersteigt so manche Fähigkeiten von „Otto Normalverbraucher“, da ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der richtige Ansprechpartner, wenn du Hilfe brauchst.
Im Idealfall hilft dir ein guter Anwalt bei
- der Ermittlung der gegnerischen Versicherungsdaten sowie beim entsprechenden Schriftverkehr
- dem Schriftverkehr bzw. generell bei der Kommunikation zwischen Kfz-Sachverständigem, Ärzten, Polizei oder wenn nötig Staatsanwaltschaft
- der Geltendmachung und der Durchsetzung verschiedener Ansprüche (z.B. Schmerzensgeld, Verdienstausfall etc.)
Letztendlich ist er auch noch in der Lage, die Ermittlungsakten fachgerecht auszuwerten.Nachfolgende Tipps sind aus eigenen, gemachten Erfahrungen, aus Aussagen Betroffener aber auch von der Seite www.verkehrsanwaelte.de/verkehrsrecht/verkehrsunfall-ausland/ heraus entstanden.
- Vermeide Aussagen, die die Schuldfrage betreffen. Zum einen handelst du in der akuten Situation vielleicht unter Schock, zum anderen kann dir eventuell später daraus „ein Strick gedreht werden“.
- Unterschreibe nie etwas, was du nicht hundertprozentig verstehst.
- Hebe alle Rechnungen für Auslagen auf, die im Zusammenhang mit dem Unfall stehen. Sie können entweder für Aufwandsentschädigungen oder für die Einkommenssteuer nützlich sein.
- Erbete dir von der Polizei eine Kopie des Unfallprotokolls. Das ist nicht immer möglich: In meinem Fall war der Unfallgegner nicht ansprechbar, und solange er nicht befragt werden kann, ist es ein laufendes Verfahren, zu dem ich – wie mir gesagt wurde – keinen Zugang habe. Die Versicherung jedoch kann Akteneinsicht erhalten.
- Bei einem Unfall im Ausland gilt das dortige Recht. Hast du jedoch im Ausland einen Unfall mit einem deutschen Bundesbürger der sein Fahrzeug in Deutschland versichert hat, gilt das deutsche Schadensersatzrecht.
- Bitte am Vorabend keinerlei Drogen und am besten gar keinen Alkohol konsumieren, denn das war mit das Erste, was die Polizei bei mir machte, einen Alkoholtest (Ergebnis: 0,0%).
Fazit
Ganz einfach ausgedrückt: Einen Unfall zu haben ist immer schlimm, einen Unfall im Ausland zu haben, ist besonders schlimm, nervenaufreibend und kostspielig. Ist dein Wohnmobil danach nicht mehr fahrtauglich, so wird von dir jede Menge Organisations- und Improvisationstalent verlangt –, schließlich hast du damit nicht nur deine Reise/deinen Urlaub beendet, sondern auch keine Bleibe mehr. Außerdem kommen unerwartete Kosten auf dich zu. Bist du mit einem Hund unterwegs, kann das noch ein zusätzlicher Stressfaktor sein.
Viel schlimmer ist, wenn es Personenschäden gibt. Bedenke also immer, dass es gut ist, dass du und deine Mitfahrer (hoffentlich) unverletzt überlebt haben! Blech und ein Wohnmobil kann man ersetzen (Wenn es auch weh tut!), die Gesundheit und ein Menschenleben nicht!
Richte dich jedoch darauf ein, dass, wenn du endlich wieder daheim bist, weitere Probleme, Aufgaben und Kosten auf dich zukommen. Wenn du es dir „leisten“ kannst, ziehe bei größeren Unfällen einen Anwalt hinzu, der sich mit Verkehrsrecht auskennt. Ganz alleine blickt man durch den Wust der Gesetze, Ansprüche und Formalitäten nur sehr schwer durch.
Und wenn es in der aktuellen Situation auch schwerfällt, sich das vorzustellen: Gehe nach Möglichkeit wieder mit dem Wohnmobil auf Reisen! Und vor allem, setze dich so schnell wie möglich wieder hinters Steuer eines Fahrzeugs. Mir hatte es geholfen, dass ich mit einem Mietwagen über 1.500 km bis nach Hause fahren musste. Hätte ich gezögert oder auch nur länger nachgedacht und wäre längere Zeit aus Angst vor einem Unfall nicht mehr gefahren, dann wäre ich eventuell nur noch mit Angst hinters Steuer gegangen. Wer rational denkt und an die in der Schule gelernte Wahrscheinlichkeitsrechnung denkt, der kommt zum Ergebnis, dass ein weiterer Unfall innerhalb der nächsten Zeit relativ unwahrscheinlich ist. Vorausgesetzt, du hältst dich an die Verkehrsregeln und fährst vor- und umsichtig…
In diesem Sinne wünsche ich dir allzeit gute und unfallfreie Fahrt!
FAQ
Prinzipiell gelten bei einem Unfall im Ausland für alle Beteiligten die gleichen Pflichten wie hierzulande:
- Warnwesten anziehen
- Unfallort sichern
- sich um die Verletzten kümmern
- Notruf setzen
- Unfall protokollieren (am besten mit dem Vordruck eines Europäischen Unfallberichts sowie mit Fotos)
Der Europäische Unfallbericht ist ein in Europa einheitlich festgesetztes Formular, mit dessen Hilfe du deinen Unfall festhalten kannst. Ein kostenloses Exemplar erhältst du an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Sprachen, unter anderem unter www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/unfall-schaden-panne/unfall/europaeischer-unfallbericht/#unfallbericht-vorlage-kostenlos.
Aufgepasst, in den Benelux-Staaten sowie in Frankreich kommt diesem Bericht eine größere Bedeutung zu als bei uns. Hier wird nämlich das dort Notierte mit der entsprechenden Unterschrift ohne Widerrufmöglichkeit anerkannt. Daher solltest du auf dem Formular unter „Eigene Bemerkungen“ (Punkt 14) Widersprüche und besondere Anmerkungen unbedingt festhalten.
Fühlst du dich vor Ort aufgrund von widersprüchlichen Aussagen anwesender Leute und/oder eigener Sprachschwierigkeiten verunsichert, sollte jeder seinen eigenen Unfallbericht ausfüllen, um abschließend die einzelnen Berichte in Kopie auszutauschen (Tipp: Als Foto einscannen).Wie auch in Deutschland gehören unbedingt mit an Bord
- …ein Europäischer Unfallbericht (Ist nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll.)
- …Warnwesten (für jeden Mitfahrer eine)
- …ein Warndreieck
- …ein der aktuellen DIN-Ausgabe entsprechender Verbandkasten mit Inhalt, der das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht erreicht hat
- …ein Feuerlöscher (Ist keine Vorschrift, kann aber nützlich sein, allerdings nur, wenn er so platziert ist, dass er schnell griffbereit ist.)
- …deine Papiere (s.u.)
- Name und Anschrift des Fahrers beziehungsweise des Fahrzeughalters (anhand deines Personalausweises zu belegen)
- Führerschein (Wird von der Polizei verlangt.)
- Versicherung und Versicherungsscheinnummer
- Grüne Versicherungskarte (Nicht überall Pflicht, aber nützlich.)
- Notrufnummern/Telefonnummern von Angehörigen, Versicherung und gegebenenfalls ADAC
Richte dich zunächst auf eine längere Zeit ein, ich habe mich unter Betroffenen umgehört und von mindestens 3-6 Monaten und mehr gehört. Selbst wenn die Versicherungen innerhalb Europas aufgefordert werden, die Angelegenheit schnellstmöglich zu bearbeiten… Aber was heißt schon „schnellstmöglich“? Offiziell heißt es, dass die Regulierungsfrist – beginnend ab dem Zeitpunkt, wo alle nötigen Unterlagen vorliegen – auf maximal drei Monate festgesetzt ist. Handelt der Beauftragte dann nicht fristgerecht, kannst du dich an die „Entschädigungsstelle“ der EU wenden, welche hierzulande durch die VOH – Verkehrsopferhilfe e.V. – vertreten wird. Zu finden unter: www.verkehrsopferhilfe.deOberstes Gebot: Immer, wenn jemand verletzt wurde, muss die Polizei verständigt werden. Zudem gilt, wenn der Sachschaden für deine Begriffe hoch ist oder/und wenn sich die Unfallbeteiligten bezüglich der Schuldfrage nicht einigen können. Weitere Kriterien sind ein fehlender Versicherungsnachweis beim Unfallgegner oder gar Fahrerflucht.
Bei Bagatellunfällen, bei denen alles klar ist und sich die Beteiligten einigen können, muss normalerweise keine Polizei gerufen werden. In einigen Ländern ist man jedoch verpflichtet, bei jedem Unfall mit Sachschaden die Polizei zu rufen. In wieder anderen Ländern – beispielsweise in Frankreich – ist die Gendarmerie nicht verpflichtet, Unfälle mit geringen Sachschäden aufzunehmen.
Ich persönlich würde im Ausland immer die Polizei informieren.
Über den Autor
Esther Vergenz
Esther übte verschiedene Berufe - Ergotherapeutin, Lehrerin, Dozentin, Journalistin und Autorin - aus, ehe sie 2020 in Pension ging und sich nun ganz ihren seit über 45 Jahren bestehendem Hobbies, dem Wohnmobilfahren und dem Schreiben, widmen kann.